Sind Paris, Genf und Berlin bereits 15-Minuten-Städte – und wie sieht es in Ihrem Wohnort aus?

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Das Konzept der „15-Minuten-Stadt“ gewinnt in der Stadtplanung zunehmend an Bedeutung. Dabei geht es darum, dass alle wichtigen Einrichtungen des täglichen Lebens, wie Einkaufsmöglichkeiten, Schulen und Arztpraxen, innerhalb eines 15-minütigen Fußwegs von der eigenen Wohnung erreichbar sein sollten. Dieses Ideal, das von dem Pariser Stadtplaner Carlos Moreno populär gemacht wurde, soll die Lebensqualität in Städten verbessern und den Autoverkehr reduzieren.

Paris steht diesem Ideal bereits nahe. Über 90 Prozent der Einwohner des Großraums Paris können die wichtigsten Dienstleistungen in nur 15 Minuten erreichen. Doch weltweit sieht die Realität oft anders aus, wie eine aktuelle Studie zeigt, die im Fachmagazin Nature Cities veröffentlicht wurde. Städte wie Atlanta in den USA, die stark auf Autoverkehr ausgerichtet sind, schneiden im Vergleich besonders schlecht ab.

Die Studie im Überblick

Ein Forscherteam unter Leitung von Matteo Bruno von den Sony Computer Science Laboratories und dem Centro Ricerche Enrico Fermi in Rom hat untersucht, wie realistisch das Konzept der 15-Minuten-Stadt weltweit umgesetzt werden kann. Dabei stellte sich heraus, dass eine kompakte Bauweise und eine gute Verteilung der Bevölkerung den Zugang zu wichtigen Dienstleistungen erleichtern. Doch auch politische Entscheidungen spielen eine Rolle – etwa die Frage, ob Stadtrandgebiete genauso gut versorgt werden wie zentrale Stadtteile.

Um Stadtplanern die Arbeit zu erleichtern, entwickelten die Forscher ein „Universalmodell“ für die 15-Minuten-Stadt. Dieses Analysewerkzeug zeigt auf einer Onlineplattform, wie lange die Bewohner von rund 10.000 Städten weltweit im Durchschnitt zu Fuß oder mit dem Rad zu wichtigen Zielen wie Geschäften, Sporteinrichtungen oder Kulturangeboten benötigen. Die Ergebnisse sind auf einer Karte als farbige Waben ablesbar: Blau steht für Wege unter 15 Minuten, Rot für größere Distanzen.

Wie schneiden Städte weltweit ab?

Besonders viele blaue Punkte finden sich in europäischen Städten, allen voran in der Schweiz. In Genf dauert der durchschnittliche Weg zu wichtigen Zielen nur fünf Minuten, in Basel und Zürich sind es sechs Minuten. In Deutschland hat Göttingen die kürzesten Wege (sieben Minuten), während Berlin und München mit acht Minuten ebenfalls gut abschneiden, ähnlich wie Paris. Anders sieht es in Städten wie Passau aus, wo die durchschnittliche Gehzeit 20 Minuten beträgt, da schlecht erschlossene Vororte die kurzen Wege in der Altstadt ausgleichen müssen.

Überraschenderweise schneiden auch niederländische Städte wie Rotterdam schlecht ab. Dort gibt es viele Vororte, die als reine Wohngebiete angelegt wurden, was zu längeren Wegen führt.

Was könnte verbessert werden?

Die Forscher entwickelten einen Algorithmus, der zeigt, wie Einrichtungen wie Geschäfte verteilt werden müssten, um den Zugang für möglichst viele Menschen zu verbessern. In Städten wie Zürich wären nur geringe Anpassungen nötig, um das 15-Minuten-Ziel zu erreichen. In Metropolen wie Mumbai oder Bogotá, wo derzeit lange Wege zurückgelegt werden müssen, könnte mit relativ wenig Infrastruktur die Situation deutlich verbessert werden.

Für autogerechte Städte wie Atlanta hingegen wäre es laut den Forschern „nicht nachhaltig“, das Konzept der 15-Minuten-Stadt umzusetzen. Hier wäre eine massive Umgestaltung der Infrastruktur notwendig, die schwer realisierbar wäre.

Fazit: Wie weit ist Ihr Wohnort entfernt von der 15-Minuten-Stadt?

Während europäische Städte wie Genf, Berlin oder Paris schon gut aufgestellt sind, zeigt die Studie, dass weltweit noch viel Potenzial zur Verbesserung besteht. Das Ziel der 15-Minuten-Stadt könnte eine nachhaltige und lebenswerte Zukunft für städtische Räume schaffen – wenn die richtige Infrastruktur vorhanden ist und politische Entscheidungen zugunsten dieses Modells getroffen werden.

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